Lucy Dacus – Forever Is A Feeling

Text: | Ressort: Musik | 16. Mai 2025

Nach dem weltweiten Durchbruch als Teil der Indiesuperroup boygenius, inklusive Welttournee mit ausverkauften Hallen und umjubelten Festivalauftritten, hat sich das Trio entschieden im Namen der Freundschaft das Projekt erst mal ruhen zu lassen und sich wieder anderen Dingen zu widmen. Frau Dacus legte am 28.03. vor und boygenius-Kollegin und Lebengefährtin Julien Baker zieht zusammen mit Torres und dem Album „Send A Prayer My Way“ nach und von Phoebe Bridgers bisher leider noch kein Mucks.

Während Baker und Torres ihre Countrysozialisation als Aufhänger genommen haben, tritt Lucy Dacus noch einen Schritt weiter zurück, als schon beim Vorgänger „Home Video“ (2021). Das war schon wesentlich leiser und introspektiver als das Debüt „No Burden“ (2016) und der Nachfolger „Historian“ (2018). Sie nimmt sich Zeit, die Themen werden nachdenklicher betrachtet, Gedanken und Melodien bekommen mehr Raum als bei den krachigeren am Indierock der Neunziger geschulten ersten beiden Alben. Nach Coming Of Age, erster Liebe, erster Verzweifung, Selbstfindung, sexueller Orientierung und -verortung nun der erstaunlich gelassene, erwachsene und reflektierte Blick auf das eigene Leben, ehemalige Liebschaften, unerfüllte Schwärmereien, Familie, Freunde, Gesellschaft.

Das Instrumentarium ist zurückgenommen, die Stimme steht im Vordergrund, Akustikgitarre, Harfe und eine Celesta umrahmen, betten ein. Letztgenanntes eine Art Xylophon mit Klaviertastatur im Klang ähnlich einem Glockenspiel.

Im Interview mit The Circle gibt sie zu Protokoll dass anders als bei den boygenius-Aufnahmen sie sich diesmal ausgiebig Zeit genommen hat. Ihr erstes Album wurde als Studiumsprojekt des befreundeten angehenden Produzenten Jacob Blizard und Collin Pastore an einem Tag aufgenommen. Das Zweite brauchte  eine Woche, das dritte drei Wochen. „Forever Is A Feeling“ hat anderthalb Jahre gebraucht.

Die Musik steht bei den Songs immer am Anfang, Themen kreisen, bis sich ein Hauptthema herauskristallisiert. Irgendwie drang sich Liebe als Thema inkl. romantischer Verklärung auf, aber auch das Abebben ebenjener wird besungen, da es zu Leben gehört und man akzeptieren muss wenn etwas endet. „Man muss etwas zerstören damit etwas neues beginnen kann.“ Gibt sie an andere Stelle bzw. im Song „Ankels“ zu Protokoll.

Als adoptierter Säugling mit usbekisch-irischen Wurzeln wuchs Lucy Dacus in Mechanicsville einem Vorort von Richmond, Virgina auf. Die neue Mutter Pianistin und Musiklehrerin, der Vater Grafiker. Nach der Schule hat sie angefangen Film zu studieren, brach aber ab und bevor sie sich Vollzeit der Musik widmete arbeitete sie bei Richmond Camera und editierte Schulfotos von Kindern. Parallel schrieb sie um die 30 Lieder, von denen neun dann das Debüt „No Burden“ formten.

Während auf den Vorgängern noch offen gelassen wurde, dass es sich um eine queere Liebe handelt, traut sie sich nun die exakten Pronomen zu verwenden und sich nicht weiter zu verstecken. Im langen Interview mit Variety liest man zum Abschluss noch folgenden Satz: „I think if everyone had their heart on their sleeve, the world would be a better place.” Kann man so stehen lassen. Dem ist Nichts hinzuzufügen.

(Geffen) 28.03.2025

Tour in der Nähe:

18./19.06. Berlin, Astra

21./22.06. Southside/Hurricane

05.07. Roskilde Festival

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