Slowdive in Leipzig
Text: Klaus | Ressort: Diary, Musik, Veranstaltungen | 7. April 202501. April 2025 abends. Die Kreuzung am Felsenkeller steht schon voller Leute. Noch mehr quellen aus der gerade eingetroffenen Straßenbahn. „Hallo“ hier, „Hallo“ dort, man kennt sich und scheinbar Jeder, mit einer entsprechend geschmackvollen musikalischen Sozialisation in den frühen Neunzigern ist heute Hier. Slowdive treten zum ersten Mal regulär in der Stadt auf. 2014 wurden sie nach ihrer Wiedervereinigung noch zum Wave Gotik Treffen gebucht. Wer sie dort sehen wollte musste ein Festivalticket lösen, was auch Einige Unbeirrte taten. Das Kernpublikum des Festivals war nicht so recht interessiert und im Gegensatz zu den ausverkauften Shows der ersten Reuniontour war die Halle auf dem Agra-Messegelände nicht mal halb voll. Das ist heute anders: der Ballsaal im traditionsreichen Felsenkeller, einer Vergnügungsstätte aus der Kaiserzeit, ist ausverkauft. Keine Banner an den etwas höher liegenden Seitenschiffen, einfach komplett voll.
Die etwas undankbare Aufgabe des Openers übernehmen Drab Majesty. Die uninteressierte Hälfte des Publikums quatscht laut und verpasst ein gutes Set der Artpopper aus Kalifornien. Verspult, elegisch, an sich eine gute Einstimmung für die Hauptband.
Alex Nicolaou
Deb DeMure
Slowdive brauchen nur wenige Takte und schon branden die Dreampopwellen im großen Saal hin und her. Hüllen ein, Umschließen. Nicht wenige schließen die Augen und lassen sich davontragen. Wer nur annähernd ein Faible für diese Musik hat ist ergriffen und wird bis zum Ende der letzten Zugabe nicht aus diesem Bann entlassen. Eintauchen, Abtauchen, wegespült an ferne Gestade, jenseits des tristen Alltags. Eskapismus galore. Darf und muss auch mal sein. Die Band leistet sich keine Schnitzer. Gekonnt und routiniert rollt man durch die Songfolge.
Interessanter Weise sieht man nicht nur die erwartbaren Mitfünfziger, sondern auch einen nicht unwesentlichen Teil weitaus jüngeren Publikums. Wäre mal interessant nachzufragen, denn die Meisten sind gar nicht mit den Eltern da.
Abgeliefert wird eine Hitabfolge die das komplette Schaffen der Band seit der ersten Platte abbildet. Nur das dritte Album „Pygmalion“ wir ausgespart. Wenig verwunderlich sind „Souvlaki“ und die beiden jüngsten Alben, die den Signature-Sound der Frühwerke nahtlos fortsetzten, am häufigsten vertraten. Nur „Catch The Breeze“ ist vom Erstling zu Hören und mit „Crazy For Love“ kommt ein Non-Album-Track der nur auf einem Sampler 1994 vertreten war. Schön der Hit „Alison“ als vorletztes Stück in das Hauptprogramm integriert wurde, das erspart dem Publikum das lästige Einfordern vor der Zugabe. Daher auch mal keine „Checker“-Songwünsche bei den Zwischenrufen. Man konnte es nehmen wie es kommt. Zufriedenheit garantiert. Und so trollte man sich auch angehoben, erschöpft und beseelt von dannen. Ein schöner Abend. Gern mal wieder, ohne erneut zehn Jahre warten zu müssen.
Setlist:
avalyn
shanty
star roving
catch the breeze
no longer making time
crazy for love
souvlaki space station
chained to a cloud
kisses
sugar for the pill
slomo
alison
when the sun hits
machine gun
dagger
40 days
Soeben sind Reissues der ersten drei Alben „Just for a Day“, „Souvlaki“ und „Pygmalion“ bei Sony erschienen. Damit sind sie endlich wieder als LP und CD offiziell erhältlich. Alle drei Alben erscheinen auf schwarzem, 140g schwerem Biovinyl. https://bio.to/slowdive
Fotos: K. Nauber